Der Fassgrill (60 Liter, blau)

Der Traum eines jeden jun­gen Man­nes: Ein­mal im Leben ein altes Ölfass in einen Gill umbau­en. Man kennt die­sen Grill­typ aus diver­sen Fil­men, in denen ein Grill­abend im Hin­ter­hof einer Werk­statt inmit­ten alter aber begeh­rens­wer­ter ame­ri­ka­ni­scher Mus­cle-Cars mit einem rie­si­gen, ros­ti­gen Ölfass-Grill Gefüh­le purer Frei­heit, Unab­hän­gig­keit und Aben­teu­er­lust vermittelt.

Der grund­sätz­li­che Wunsch bestand daher schon lan­ge — und irgend­wann muss­te die­ser Grill ein­fach gebaut wer­den. Ich frag­te in diver­sen Werk­stät­ten nach einem alten, güns­ti­gen Ölfass. Letzt­end­lich ent­schied ich mich aber für ein neu­es 60-Liter-Gefäß, das ich güns­tig bei Ebay erwarb.

Es hat­te eine klei­ne Del­le und kos­tet inklu­si­ve Ver­sand abso­lut bil­li­ge 12 Euro. Es war neu und somit nicht mit gesund­heits­schäd­li­chem Alt­öl oder sons­ti­gen Che­mi­ka­li­en kontaminiert.

Der Grill soll­te toll aus­se­hen und gleich­zei­tig mobil sein. Er soll­te in mei­nen Renault Clio pas­sen und bei Nicht­be­nut­zung auf dem klei­nen Bal­kon der Stu­den­ten­bu­de kom­pakt ver­staub­ar sein.

In mei­nem Fun­dus fand ich den alten Bei­stell­tisch von Oma, des­sen Plat­te sich mit den Jah­ren ver­ab­schie­det hat­te. Das Tisch­ge­stell war zusam­men­klapp- und höhen­ver­stell­bar und stand auf drei Rol­len. Jeder kennt den Spruch “Ein drei­bei­ni­ger Stuhl wackelt nicht”  — auf sei­nen drei Rol­len stand der Tisch sehr sta­bil, und das selbst bei unebe­nem Untergrund.

abgekoppeltes Untergestell

Das dünn­wan­di­ge 60-Liter-Fass erschien zwar wenig sta­bil, war im Gegen­zug aber rela­tiv leicht. Aus­rei­chend für mei­ne Belange.

Für einen sta­tio­nä­ren Werk­statt­grill hin­ter der Schrau­ber­bu­de auf dem Schrott­platz­ge­län­de wür­de sicher ein rich­tig schwe­res 200-Liter-Fass aus 2 Mil­li­me­ter star­kem Stahl­blech bes­ser und vor allem län­ger sei­ne Diens­te tun. Wobei den rich­tig hart­ge­sot­te­nen Schrau­bern ein biss­chen Alt­öl im Essen wenig anha­ben würde.

Da ich dem dün­nen Blech hin­sicht­lich der Hit­ze­be­las­tung den direk­ten Kon­takt zur Koh­len­glut erspa­ren woll­te, muss­te ein Koh­le­rost her.

Natür­lich konn­te ich hier­für nicht irgend­ei­nen Git­ter neh­men, son­dern es soll­te etwas ganz Spe­zi­el­les sein. Sowie­so wäre es unty­pisch, wenn ich den ein­fa­chen Weg einer patent­wür­di­gen Neu­ent­wick­lung vor­zie­hen würde.

Der Koh­len­rost soll­te stu­fen­los höhen­ver­stell­bar sein, um die Grill­tem­pe­ra­tur prä­zi­se dem Grill­gut anpas­sen zu kön­nen. Und so etwas gibt es nun ein­mal nicht zu kaufen.

Ich flocht hier­zu meh­re­re Strei­fen aus 1 Mil­li­me­ter star­ken Loch­blech mit sta­bi­lem Stahl­seil zu einer Mat­te zusam­men. Die­se befes­tig­te ich so im Fass, dass die­se Koh­le-Hän­ge­mat­te abhän­gig von der Seil­span­nung mehr oder weni­ger in Rich­tung der Schwer­kraft durch­hing. Das Seil wur­de an einen Hebel gekop­pelt, der per ther­misch iso­lier­ter Rän­del­mut­ter ein­fach und stu­fen­los fixiert wer­den konn­te. Mit die­sem Hebel konn­te die Grill­glut vom Fass­grund bis direkt unters Grill­gut ange­ho­ben oder abge­senkt wer­den. Ein tech­ni­sches Novum!

Zum schnel­len und ein­fa­chen Befes­ti­gen des Unter­ge­stells am Grill schraub­te ich ein Stahl­rohr zwi­schen Fass­bo­den und Fass­de­ckel. Dadurch war das Fahr­ge­stell ein­fach vom Fass abkop­pel­bar und wur­de über eine Flü­gel­mut­ter fixiert.

Der Grill konn­te auch “kopf­über” dar­an gesteckt wer­den und war auf die­se Wei­se äußerst kom­pakt. Opti­mal für den Trans­port im Klein­wa­gen­kof­fer­raum oder um ihn auf dem Bal­kon zu verstauen.in "Transportstellung" kopfüber auf Untergestell

Den Deckel schraub­te ich mit sta­bi­len Schar­nie­ren aus Edel­stahl am Grill­kör­per an und instal­lier­te zwei Schnapp­ver­schlüs­se um ihn sicher ver­schlie­ßen zu können.

Um den soge­nann­ten Kamin­ef­fekt für eine opti­ma­le Belüf­tung der Koh­len­glut nut­zen zu kön­nen, wur­de ein Stück Kamin­rohr samt einer selbst gebas­tel­ten Dros­sel­klap­pe ange­bracht. Über einen Bajo­nett­ver­schluss war das Rohr ans Fass gekop­pelt. Für den Trans­port pass­te das Kamin­rohr zwi­schen Grill­rost und Koh­le­rost. Zwi­schen Grill­rost und Grill­de­ckel pass­te ein klei­ner Sack Holz­koh­le und eine Packung Grill­an­zün­der, so war alles dabei und das Grill­ge­rät stets einsatzbereit.

Den pas­sen­den Grill­rost hat­te ich auf Lager. Er muss­te ledig­lich mit dem Bol­zen­schnei­der etwas zurecht­ge­stutzt wer­den. Die Schnitt­kan­ten schnell mit der Flex ent­gra­tet und fer­tig war der Fassgrill.

Von 2009 bis 2012 beglei­te­te die­ser Grill mich und mein Stu­den­ten­da­sein. Er stand Som­mer wie Win­ter auf dem Bal­kon und wur­de oft mehr­mals pro Woche ange­heizt. Erschien die Woh­nung und der Bal­kon zu klein für die Grill­par­ty, wur­de er auf die Wie­se vor das Haus gestellt — gemein­sam mit den Sofas aus unse­rem Partykeller.

Mitt­ler­wei­le wur­de der Grill aus Platz­man­gel demon­tiert und dem Alt­me­tall­re­cy­cling zuge­führt. Ein­zig der unver­wüst­li­che Grill­rost aus Edel­stahl, der hüb­sche Design-Tür­griff aus Alu­mi­ni­um und die vie­len schö­nen Erin­ne­run­gen blei­ben bestehen.

Auf bis man irgend­wann wie­der nach einem Fass­grill schreit und die Idee ‑natür­lich kom­plett über­ar­bei­tet und detail­liert ver­bes­sert — in einem neu­en ein­zig­ar­ti­gen Grill wie­der­ge­bo­ren wird.

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